Mittwoch, 11. Juni 2008
Schweiz:Tschechien
Die Schweiz unterliegt im Eröffnungsspiel der EM in Basel gegen Tschechien. Alexander Frei von Borussia Dortmund scheidet mit einer schweren Knieverletzung aus. Der frühere Herthaner Vaclav Sverkos erzielt das entscheidende Tor. Die Schweiz muss jetzt gegen die Türkei am Mittwoch um das Weiterkommen kämpfen.
Der Tscheche Vaclav Sverkos erzielte in der siebzigsten Minute des Eröffnungsspiels das Tor zum 1:0 (0:0)-Sieg über die Schweiz vor 42 500 Zuschauern im Basler St. Jakob-Park. Der 24 Jahre alte Stürmer von Banik Ostrava, Torschützenkönig der tschechischen Liga, war erst dreizehn Minuten zuvor für Jan Koller eingewechselt worden. Alexander Frei, Kapitän der Schweiz, ging kurz vor der Pause weinend vom Platz. Nach einer ersten Diagnose erlitt er einen Teilabriss des Innenbandes im linken Knie. Für ihn ist die EM damit schon zu Ende.
Für einen winzigen Augenblick kreuzten sich die Wege der beiden so ungleichen Hauptdarsteller dieses ersten Spiels der EM. Unmittelbar vor Sverkos entscheidendem Tor kam Frei an Krücken aus der Kabine. Er musste mit ansehen, wie die Tschechen einen Konter abfingen, wie Galaseks Kopfballvorlage Sverkos fand. Der lief noch ein paar Meter und schoss, traf den Ball nicht mal richtig und bugsierte ihn doch am machtlosen Torhüter Diego Benaglio vorbei. Was für ein Auftritt des in der Bundesliga bei Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC gescheiterten Sverkos.
Und was für eine tragische Niederlage für die großartigen Schweizer, die das Spiel über weite Strecken dominiert hatten.
Es war, frühere Auftaktspiele zum Maßstab genommen, eine überraschend gutklassige Auseinandersetzung mit wenigen Fehlern und hohem Tempo. Und dafür sorgte fast ausschließlich der Außenseiter aus der Schweiz, oft in der Person von Alexander Frei. Bis zu seiner Verletzung war der Dortmunder der beste Mann auf dem Platz. Schnell, trickreich und torgefährlich. Einmal hätte er den Ball um ein Haar zur Führung ins Tor gespitzelt, doch Petr Cech bekam gerade noch den Fuß dazwischen. Freis zweiter Schuss kam so hart angeflogen, dass der tschechische Torhüter gar nicht erst den Versuch machte, den Ball zu fangen und ihn lieber mit beiden Fäusten zur Seite boxte.
Die erste Halbzeit war fast schon vorbei, da geschah das Unglück. Zwischen Strafraum und Mittellinie prallte Frei mit Zdenek Grygera zusammen. Nichts Böses, eher ein zufälliger Kontakt, aber mit schwerwiegende Folgen für den Schweizer. Grygera traf ihn am Knöchel, doch in der darauf folgenden Sturzbewegung verdrehte sich Frei das linke Knie. Für eine dramatisch lange Minute blieb er liegen und trommelte immer wieder mit den Fäusten auf den Rasen. Trainer Kuhn verzichtete zunächst auf einen Wechsel, doch als er sah, wie Frei weinend und gestützt auf zwei Helfer in die Kabine humpelte, da wusste er, dass die EM für seinen Kapitän wohl gelaufen war.
Fußballspieler haben im Allgemeinen ein gutes Gespür für ihren Körper. Frei hat es im Besonderen, weil er in dieser Saison für seinen Klub Borussia Dortmund verletzungsbedingt kaum hat spielen können. Erst war es eine Hüftprellung, dann folgte gleich zweimal ein Muskelfaserriss in der Wade, jetzt ist es das Knie. Und das bei seinem ersten großen Turnier als Kapitän, noch dazu beim ersten großen Fußball-Ereignis in der Schweiz seit 1954. Zudem traf ihn der erneute Rückschlag ausgerechnet in seiner Heimatstadt. Alexander Frei ist gebürtiger Basler.
Es spricht für die Moral der Schweizer, dass sie auch nach dem Verlust ihres besten Spielers weiter wütend anrannten. Der für Frei eingewechselte Hakan Yakin köpfte nach einer Flanke knapp am Tor vorbei, und später, als die Tschechen schon führten, hätte der zweite Schweizer Joker noch zum Helden werden können. Doch Johan Vonlanthen drosch den Ball aus zehn Metern an die Latte. Cech lag schon geschlagen am Boden.
Stimmen zum Spiel:
Hakan Yakin (Schweiz):
«Wir versuchten, in der zweiten Halbzeit auch ohne Frei den Druck hoch zu halten. Das ist uns gut gelungen. Wir dominierten das Spiel. Die Tschechen hatten eineinhalb Torchancen und nutzten eine. Das zeichnet eine Klassemannschaft aus. Ich müsste das Tor machen. Aber auch Portugal verlor 2004 das Auftaktspiel und erreichte noch den Final.»
Johan Vonlanthen (Schweiz):
«Der Ball sprang etwas hoch, und ich war überrascht. Wir hatten eben noch einen Penalty reklamiert. Ich schoss sofort. Alles lief etwas komisch; das Glück war nicht mit uns.»
Diego Benaglio (Schweiz):
«Das ist eine bittere Niederlage. Wir hatten viele Torchancen, aber irgendwie wollte der Ball nicht rein. Das Tor fiel in einer Phase, als wir das Spiel kontrollierten. Wir sind als Mannschaft sehr gut gestanden und zeigten im Grossen und Ganzen ein gutes Spiel. Jetzt müssen wir diese Parte schnell abhaken und am Mittwoch gegen die Türkei einen Sieg einfahren.»
David Jarolim (Tschechien):
«Wir sind zufrieden mit dem Sieg und dem zu Null. Mit dem Spiel können wir jedoch nicht zufrieden sein. Die Schweiz machte viel Dampf; wir waren heute glücklicher. Aber am Ende zählen nur die Punkte.»
Karel Brückner (Coach Tschechien):
«Wir haben eine gute Leistung abgeliefert und dieser Sieg ist wichtig für die weitere Entwicklung in dieser Gruppe. Ganz optimal war die Leistung aber nicht, wir müssen noch einiges besser machen. Trotz dem Starterfolg denke ich nicht, dass wir die Gruppe gewinnen werden. Die Schweiz hat nach dem 0:1 einige Gänge höher geschaltet, wir konnten aber mit unserer starken Defensive dagegen halten. In den nächsten beiden Partien dürfen jedoch einige Schnitzer in der Angriffsauslösung nicht mehr passieren.»
Tomas Ujfalusi (Tschechien-Captain und Mann des Spiels):
«Wir haben noch einige Fehler gemacht und Schwächen gezeigt. Die Defensiv-Strategie ist aber aufgegangen. Die Abwehr stand sehr sicher. Wir warteten einfach auf unsere Chance und konnten sie dann nutzen. Ob es ein Hands von mir war in der Schlussphase, will ich nicht entscheiden. Das ist Sache des Schiedsrichters und er hat entschieden, dass es keines war. Solche Situationen passieren immer wieder. Ich warf mich in den Schuss und der Ball traf mich an der Hand. Ich konnte nichts machen.»
Vaclav Sverkos (Torschütze für Tschechien):
«Das Tor fiel nach einer Ecke für uns. Der Ball kam über die Schweizer Abwehr, und ich stand plötzlich alleine vor dem Tor. Ich schoss sehr schnell, habe den Ball aber nicht richtig getroffen. Ich wollte Vollspann schiessen und nicht mit dem Aussenrist.»
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